Der CFO als Treiber im Wandel
„Der CFO ist Treiber im Wandel“
Ich habe mich dieses mal zum !AYCON-Expertentalk mit Jürgen Kaiser, Managing Partner der Management-Boutique „dieSaremas“, getroffen. Jürgen ist als Interim-CFO für die Finanzen und die Geschäftsentwicklung seiner Kunden verantwortlich.
Ein Gespräch über typische Fehlannahmen im Finance – und das Spannungsverhältnis zu Marketing und Vertrieb.
Jürgen, stell dich bitte kurz vor.
Ich bin Jürgen Kaiser und seit gut sechs Jahren Interim Manager für Geschäftsführungs-, CFO- und CRO-Positionen, für M&A, Investorensuche, Projektfinanzierungen, Restrukturierungs- und Turnaround Management sowie systemisches Business Coaching. Vorwiegend übernehme ich CFO-Aufgaben, obwohl ich nicht aus dem klassischen Controlling- oder Rechnungswesen komme, wie die meisten CFOs.
Ich komme ursprünglich aus dem Bankwesen und habe danach rund 20 Jahre lang in der Industrie als CFO sehr viele M&A-Themen verantwortet, weswegen ich nun auch oftmals für M&A und Finanzierungsfragen geholt werde.
Mit welchen Herausforderungen kommen Kunden auf dich zu?
In der Regel bekomme ich Mandate mit Projekt- oder Transaktionshintergrund. Sowohl für Unternehmen in der Wachstumsphase als auch für solche, die sich restrukturieren bzw. sanieren müssen. Und so unterschiedlich die Unternehmensphasen Wachstum und Restrukturierung sind: Aus CFO-Sicht gibt es einige Parallelen.
Zum Beispiel?
In beiden Phasen steht die Organisation und das bedeutet vor allem die Menschen vor einem Transformationsprozess. Und dieser gelingt immer nur dann, wenn das Management und die Belegschaft an einem Strang und in die Richtige Richtung ziehen. Themen wie Kommunikation, People Management und Veränderungsbereitschaft sind die weichen Erfolgsfaktoren in diesen Unternehmensphasen – ohne sie bringen auch die harten zahlengetriebenen Faktoren nur wenig nachhaltigen Erfolg.
Erhältst du deine Mandate über Banken oder über den Aufsichtsrat der Unternehmen?
Das hängt von der Ausgangsituation des Unternehmens ab. Wenn eine Organisation im Wachstum auf Suche nach frischem Kapital ist, kommen in der Regel die Verantwortlichen des Unternehmens direkt auf uns zu. Handelt es sich dagegen um ein Unternehmen in finanzieller Schieflage, dann ist es eher die Restrukturierungsabteilung der finanzierenden Bank, die uns ins Boot holt, denn: Bedarf zur Restrukturierung und Sanierung passiert ja nicht ganz freiwillig und wird von den Firmen meist zu spät erkannt.
Das spüre ich als Interim Manager auch direkt: Am Anfang weht mir da oft ein eher rauer Wind entgegen. Es braucht etwas Zeit, das Vertrauen der Beteiligten zu gewinnen. Schnell merken die Menschen im Unternehmen aber: Ich kann neue Perspektiven einbringen und kümmere mich um vor allem um die Menschen und deren Entfaltung. Die Zeiten, in denen Sanierer mit der Machete durchs Unternehmen gingen und verbrannte Erde hinterließen, sind zum Glück vorbei.
Dennoch kann ich Verantwortlichen nur empfehlen: Wenn sich eine Schieflage andeutet, kommen Sie direkt zu uns! Wenn erst Ihre Bank diesen Schritt gehen muss, ist es oftmals schon zu spät. Denn: Mit zunehmender Krise werden die möglichen Optionen immer geringer und das Risiko immer größer.
Gibt es Muster, z. B. typische Fehler, die dir bei deiner Arbeit mit Kunden immer wieder begegnen?
Zu langes Zögern, einen Interim Manager ins Boot zu holen. Das ist vor allem bei kriselnden Unternehmen ein immer wiederkehrendes Muster. Bis zu einem gewissen Grad kann ich das auch nachvollziehen. Es ist nur menschlich. Wie viele Menschen gehen erst zum Arzt, wenn sie bereits einen Schmerz verspüren?
Im Unternehmenskontext lautet die typische Annahme der Verantwortlichen dann oftmals: „Ein Interim Manager ist in unserer aktuellen Situation viel zu teuer.“ Das ist aber ein Trugschluss, denn: Die Kosten, die ein kriselndes Unternehmen durch den Einsatz von Interim Managern einspart, übersteigen die Ausgaben für den Interim Manager um ein Vielfaches.
Der Großbrandbekämpfer Red Adair sagte hierzu: „If you think it is expensive to hire a professional to do the job, wait until you hire an amateur.”
Ja, das passt sehr gut. Ein weiteres Muster, das mir immer wieder begegnet, ist das Argument: „Sie haben ja von unserer Branche keine tiefgehende Ahnung“. Als Interim Manager kommen wir aber auch nicht, um in Festanstellung für das Unternehmen zu arbeiten. Der Fit muss nicht 100% sein. Wir kommen, um akute Herausforderungen schnell zu lösen.
Als Interim CFO, Experte für M&A, Finanzierung und Restrukturierung muss ich die Branche nicht bis ins letzte Detail kennen. Ich muss das Problem raschestmöglich lösen können, mit dem Kunden auf mich zukommen. Hier zählt eher das Pareto-Prinzip.
Welchen Stellenwert nimmt für dich als CFO das Marketing für ein Unternehmen ein?
Marketing, Sales und Finance bewegen sich traditionell in einem Spannungsfeld. Wer ist zum Beispiel für die Preisgestaltung verantwortlich? Sales, Marketing, Finance? Dieses Spannungsfeld kommt häufig vor und hier ist Kooperation sehr wichtig. Ich werde auch geholt, weil an einer Stelle die Zahlen nicht stimmen.
Nur: Die Zahlen allein sind ja nicht das Problem. Sie bilden das Problem nur ab. Und hier beobachte ich oftmals, dass es im Sales keine klaren Marketingkonzepte oder Vertriebsstrategien gibt. Teilweise fehlen auch die Kompetenzen in dem Bereich. Und meine Aufgabe als CFO ist, das zu erkennen, anzusprechen – und entsprechende Fachleute für die fehlenden Kompetenzen zu holen.
Was Marketing und Sales für Hebel in Bewegung setzen können, wenn ein stimmiges Konzept und die passenden Fachleute vorhanden sind, ist immer wieder erstaunlich. Wenn es klare Strategien gibt, trägt der Finanzbereich die Vertriebs- und Marketingmaßnahmen auch sofort mit. Schwierig wird es für uns CFOs, wenn die Bestrebungen eher Trial-and-Error sind.
Der Strukturwandel und die globalen Krisen üben großen Veränderungsdruck auf Unternehmen aus. Wird Change/Transformation aus Finanzsicht eher als Risiko betrachtet oder als Chance und Notwendigkeit, um marktfähig zu bleiben?
Ich bin sicher, dass sich in den kommenden Jahren viele Geschäftsmodelle verändern werden – eben genau aus dem genannten Druck heraus. Der CFO ist dabei leider oftmals der Überbringer schlechter Nachrichten: Die Zinsen oder Rohstoffpreise sind gestiegen, die Bank hat ein neues ESG-Monitoring verlangt, etc.
Die daraus resultierenden Konsequenzen sind oftmals Transformation oder andere tiefgreifende Veränderungen des Geschäftsmodells. Hier muss dem Finance der Spagat gelingen, einerseits schlechte Nachrichten zu überbringen – und andererseits die Weitsicht und Vision für nötige Veränderungen zu haben und auch als Chance zu vermitteln, um marktfähig zu bleiben.
Kann die Finanzabteilung Treiber für den Wandel im Unternehmen sein?
Ja, das sehe ich so. In unserer Interim Management Boutique dieSaremas haben wir uns auf Finance, Sales und Geschäftsmodellentwicklung spezialisiert. Warum? Weil wir gemerkt haben: Wir werden zwar als Finanzer in das Kundenunternehmen geholt – die Themen greifen aber oft viel weiter. Die Probleme liegen an unterschiedlichen Stellen. Darunter eben Sales, Marketing und Business Model.
Aber wir als Finanzer müssen das erkennen und den Wandel anstoßen.