Luxusuhren-Customizing: Wir sind ein Atelier der Emotionen

January
2
,
2022
2022
Ulvi AYDIN
!AYCON Experten-Talk - Interview mit Alexander KlingbeilLuxusuhren-Customizing: „Wir sind ein Atelier der Emotionen“Auf einem Symposium habe ich Alexander Klingbeil, Geschäftsführer von BLAKEN, kennengelernt. BLAKEN personalisiert Rolex- und andere Luxusuhren für betuchte Endkunden. Ein Gespräch über die Uhren- und Schmuckindustrie, den Trend der Individualisierung – und die (Un-)Messbarkeit von emotionalem Wert. Alexander, bitte stell dich und deine Firma kurz vor.Ich bin Alexander Klingbeil, 43 Jahre alt, studierter Jurist und Uhrenliebhaber. Ich war eine Zeit lang in der Startup-Szene unterwegs und bin dann in die Werbebranche gewechselt. Hier kam ich auch das erste Mal mit Uhrenherstellern in Kontakt. Zu BLAKEN bin ich Mitte 2017 gekommen. BLAKEN war Kunde der Werbeagentur, für die ich damals arbeitete. Im Urlaub wurde ich von einer anderen Werbekundin auf eine von BLAKEN behandelte Uhr angesprochen – und gefragt, ob ich weiß, wo sie so eine Uhr herbekommen kann. Ich rief den Gründer und damaligen Geschäftsführer von BLAKEN, Hendrik Jürgens, an, kaufte das Wunschmodell für die Kundin – und verkaufte es ihr. Ein schnelles Geschäft, das mich aufhorchen ließ. Noch während des Urlaubs verkaufte ich, quasi vom Liegestuhl aus, 10 weitere von BLAKEN transformierte Uhren. Nach einem Gespräch mit Hendrik Jürgens beschlossen wir dann, dass ich als freier Mitarbeiter die Distribution von BLAKEN weiterentwickle. Da sich Hendrik ohnehin aus dem Geschäft zurückziehen wollte, bot er mir und einem weiteren Kollegen an, Anteile der Firma zu erwerben und BLAKEN als Geschäftsführer zu begleiten. Anfang 2018 habe ich diese Chance ergriffen und baue seitdem das internationale Geschäft weiter auf.Was genau macht BLAKEN?Früher haben wir Uhren aufgekauft, nach eigenen Design-Ideen geschwärzt und verändert – und dann wieder verkauft. Das Wort „Blaken“ steht im Niederdeutschen für Rußen oder Schwärzen – es kommt also von dem Gedanken, etwas zu schwärzen und ist somit inhaltsgebend für die Firma. Wir behandeln Luxusuhren mit einem speziellen Beschichtungsverfahren und machen sie somit widerstandsfähiger. Heute haben so viel Nachfragen, dass der Kunde immer entscheidet und mit einer eigenen Design-Vorstellung auf uns zukommt, die wir dann realisieren. Wir personalisieren Uhren also auf Kundenwunsch: eingefärbte oder gestaltete Ziffernblätter, Zeiger, Gravuren, etc. Oftmals bringt der Kunde seine Uhr schon mit – oder aber wir kaufen die Uhr dann für ihn ein und individualisieren sie anschließend. Wie kommt man auf so eine Idee?Fast alles im Leben von Menschen einer hohen Einkommensklasse ist customized. Im Jahr 2010 hat Hendrik Jürgens für einen Kunden aus Miami gearbeitet, der viele Events organisiert hat. Und die dort eingeladenen wohlhabenden Gäste hatten alles auf sich zugeschnitten: das Polohemd mit den eignen Initialen, individualisierte Schuhe, Lackfarbe und Innenausstattung der Autos, Humidore usw. Nur ein Accessoire war bei den Leuten nicht individualisiert: Die Uhren. Alle trugen zwar Luxusuhren, viele auch limitierte Auflagen – doch keine war ein Unikat. Es gibt eine bestimmte Klientel an Menschen, die das nicht wollen und die sehr empfänglich für einzigartige Uhren haben. Und daher kam dann die Geschäftsidee, Luxusuhren zu individualisieren.Ihr stell also keine Uhren selbst her? Nein, wir sind keine Uhrenhersteller. Wir können und wollen das auch nicht sein. Die Uhrmacherkunst überlassen wir den Herstellern, die wahre Meister in ihrem Fach sind: Rolex, Hublot, Panerai, Blancpain, Omega, A. Lange & Söhne, Patek Phillipe, Jaeger LeCoultre und wie sie alle heißen. Wir werden niemals besser sein als diese Hersteller. Wir personalisieren ihre Produkte, die schon in Perfektion aus der Manufaktur kommen. Wir integrieren also die persönliche Emotion des Kunden in das Produkt. Das ist eine Form der Transformation. Wir sind also ein Add-on-Service-Unternehmen für Endkunden – keine Hersteller.Wie läuft der Beschichtungsprozess ab, der Uhr schwarz werden lässt?Es handelt sich dabei um das sogenannte DLC Coating, das ist eine von uns patentierte Oberflächenverhärtung, die ursprünglich aus der Raumfahrt und Medizintechnik kommt. DLC steht für „Diamond Like Carbon“. Wir zerlegen die Uhr (bis auf das Uhrwerk) in seine Einzelteile und beschichten sie dann mit diamantähnlichen Kohlenstoffen. Das Ergebnis ist eine schmuckgleiche, perfekte Oberfläche, deren Glanz und Härte beim gegenwärtigen Stand von Wissenschaft und Technik kaum zu übertreffen sind. Die Uhr wird dadurch noch härter und auch für Allergiker tragfähig, weil das Endmaterial keine allergieauslösenden Metalle enthält, bzw. als Schutzschicht für solche Metalle dient. Darüber hinaus entfernen wir auch Kratzer auf der Uhr. Verlieren die Uhren nach so einer Behandlung nicht ihre Garantie?Ja, in jedem Fall. Wenn BLAKEN eine Uhr transformiert, egal welche, verliert sie die Herstellergarantie. Darum übernehmen wir die Garantie und die Haftung für das Produkt. Das ist in so einem Segment auch angebracht. Wir geben, je nach alter der Uhr, 2 bis 5 Jahre Garantie. Bei neuen Uhren 5, bei älteren Uhren 3 oder 2 Jahre – und zwar auf alles, selbst auf das Uhrwerk, das wir gar nicht anfassen, da wir nur optisch verändern und nicht technisch.Gefällt den Uhrenherstellern das, was ihr da macht? Wie ist die Beziehung zu denen?Die Beziehung ist unterschiedlich. Das ist vergleichbar mit dem Tuning in der Autoindustrie Anfang der 1980er-Jahre. Jeder Hersteller wird sich fragen, warum so ein schönes Produkt jetzt noch zusätzlich verändert werden muss. Das ist deren gutes Recht und wir respektieren das auch. Darum betonen wir immer klar: Wir machen nichts besser als die Hersteller, darum geht es auch nicht. Wir bauen lediglich die Emotion des Kunden in das Produkt ein – und machen die Uhren somit zum Unikat. Gleichzeitig sind wir der Meinung, dass der Respekt nicht allein gegenüber den Uhrenherstellern geboten ist – wir sollten als Uhren-Industrie auch den Kundenwünschen Respekt zollen. Kunden wollen individualisierte Produkte. Das ist ein Mega-Trend in unzähligen Märkten. Warum sollte sich die Uhrenindustrie diesem Trend verschließen? Das ist eine einmalige Gelegenheit für uns, neue Zielgruppen zu erschließen und auch jüngere Kundengruppe zu erreichen! Und: Am Ende entsteht jede BLAKEN-Uhr auf Basis einer bereits gekauften Uhr. Wir nehmen den Herstellern also nichts weg. Lässt sich eure Zielgruppe klar definieren?Das ist gar nicht so leicht. BLAKEN bedeutet für viele Understatement. Aber wir haben auch Kunden, die laut und extravagant unterwegs sind. Was vielleicht für die meisten zutrifft: sie haben eine sehr spezielle Historie und eine sehr eigene Wahrnehmung. Sie haben besondere Erfahrungen gemacht – und dafür such sie eine Ausdrucksform. Beispielsweise die Autofarbe, die analog auf dem Ziffernblatt zu finden ist. 75 Prozent unserer Kunden sind männlich, wobei die Anzahl der Kundinnen steigt, die das Thema für sich entdecken. Wir werden zunehmend als Fashion wahrgenommen, da wir Farbe ins Spiel bringen. Kunden kommen auch öfters wieder, mit neuen Farbwünschen. Unser Personalisierungsservice ist also keinesfalls eine einmalige Angelegenheit, sondern begleitet Kunden je nach Lebenseinstellung und Vorlieben über mehrere Jahre (und mehrere Uhren) hinweg. Inwieweit steigert sich der Wert einer Rolex nach einer BLAKEN-Behandlung?Das ist schwer zu sagen. Wir wollen auch gar nicht von monetärem Wert sprechen. Was sich bei uns sicherlich steigert, ist der persönliche emotionale Wert. Und der ist schwer messbar. Eine BLAKEN-Behandlung ist auch kein Investment. Das unterscheidet unsere Kundengruppe von den Käufern einer „normalen“ Luxusuhr. Bei vielen Herstellern sind Uhren zum Investment-Gut geworden. Das möchten wir nicht. Wir wollen nicht, dass unsere Kunden in unserem Service ein Investment sehen – und das tun sie in der Regel auch nicht, weil ihnen der monetäre Wert der Uhr egal ist. Es geht um eine persönliche Liebe zu etwas, um eine Geschichte: Sei es ein bestimmtes Thema, ein Datum, eine Farbe, ein Initial. Solche individuellen Geschichten lassen sich nicht in Geld messen. Unseren Kunden geht es nicht darum, ihre BLAKEN-Uhr wieder zu verkaufen. Nein: Sie wird individualisiert, weil sie bleiben soll. Sie wird zum Talisman, zum Symbol einer Geschichte und einer Emotion.Sehr schön gesagt! Ich sage auch immer: Der materielle Wert eines guten Produktes macht 10 Prozent aus, der emotionale Wert aber 90. Die nicht-physischen Eigenschaften werden bei einer BLAKEN also nochmal gesteigert, weil eine Geschichte darin steckt. Ja genau, und darum muss es auch gehen. Wir behandeln hunderte Uhren im Jahr. Auf Wiederverkaufsportalen ist fast keine BLAKEN-Uhr zu finden. Die Menschen verkaufen diese Uhren nicht mehr, weil sie ihnen etwas bedeuten. Wir, als Uhren- und Schmuckindustrie, haben die Wahl: Wir können unseren Kunden ein vorgefertigtes Menü anbieten und einen Preis nennen. Aber wir können auch dem Kunden das Zepter überlassen – und dafür steht BLAKEN. Die Uhren-Industrie hat sich in den letzten zwei Dekaden sehr zu einem Investmentmarkt entwickelt. In meinen Augen sollten wir wieder lernen, Emotionen zu verkaufen. Customizing ist ein Weg dabei.Es gibt Marken mit großem nicht-materiellen Wert, wie das iPhone oder das Mineralwasser Apollinaris. Solche Produkte haben eine gute emotionale Geschichte, die um das physische Produkt herumerzählt ist. Oder das Magnum-Eis, das keine Süßigkeit, sondern schon fast ein erotisierendes Produkt ist. Die Amerikaner sagen dazu: „Romance the Product“, also romantisiere das Produkt – mit einer guten Geschichte.Ja. Doch bei BLAKEN kommt die Geschichte eben vom Kunden selbst. Wir romantisieren nicht das Produkt. Das macht der Kunde. Wir sind vielmehr der verlängerte Arm der Kunden, die deren Träume und Fantasien realisieren. Wir sind nichts anderes als ein Atelier der Emotionen. Die Apple Smart Wacht steht für mich nicht für ein Luxusgut, sondern für Funktion und Lifestyle. BLAKEN dagegen ist die personalisierte Emotion eines Luxusguts.Das erinnert mich ein bisschen an den Porzellanhersteller Philip Rosenthal, der mal die Rosenthal Studiohäuser entwickelt hat und eine Rosenthal-Designphilosophie definierte. Er sagte, so wie es Buch-Verlage gibt, die Schriftsteller in Büchern verlegen, ist Rosenthal ein Verleger von Künstlern auf Porzellan. Sehr schön. So kann man das beschreiben. Bei unseren Kunden sind die Geschichten hochgradig individuell. Das sehen wir auch an den Reaktionen unserer Kunden, wenn sie ihre personalisierten Uhren entgegennehmen. Es ist egal, ob es hochwertiges Porzellan oder eine hochwertige Uhr ist, der Verleger oder das Atelier bietet die Plattform. Bei uns ist der Künstler der Kunde. Wobei wir im Zuge unserer globaleren Ausrichtung auch eigene Designs anbieten, um Kunden zu inspirieren. Beispielsweise planen wir gerade eine Kollaboration mit Künstlern: Musikern, Malern, Designern, etc. Da freuen wir uns schon drauf.Ich habe mir auch eine Rolex von euch transformieren lassen. Wobei ich das ursprünglich gar nicht wollte…Aber Ulvi, natürlich wolltest du eine! Wer drückt sich denn mehr aus im Personal Branding als du? Du hast das gelb in deiner Branche für dich besetzt, das repräsentierst du. Und mit der Uhr drückst du das eben auch aus.Zahlen, Daten, Fakten: Wie groß ist das Unternehmen Blaken? Wie sieht der Markt aus? BLAKEN hat die Jahre vor Corona ein deutliches Wachstum von weit über 50 Prozent jährlich gehabt. Wir wollen aber auch exklusiv bleiben und nicht mehr als 1000 Uhren pro Jahr bearbeiten. Wir wollen immer qualitativ wachsen – nicht quantitativ. Qualität entsteht durch Liebe. Zum Markt: Es gibt Marktteilnehmer, die aber mehr Hersteller sind als Serviceanbieter. Direkte Mitbewerber haben wir fünf, die sich aber alle unterscheiden, alle gute Qualität liefern und von uns auch respektiert werden. Wir selbst sind auch schon lange im Geschäft und haben unseren eigenen Ansatz und unsere eigene Vision.Wie ist eure Markenkommunikation ausgerichtet? Unser Auftritt ist derzeit still. In Sammlerkreisen sind wir schon lange bekannt – hier ist die Qualität das beste Marketing. In Zukunft möchten wir aber etwas lauter werden und aktiver kommunizieren, um Individualisierung bekannter zu machen. Es gibt viele potenzielle Kunden, die das Thema noch nicht auf dem Schirm haben. Auch wollen wir unsere Kunden als Marken-Botschafter in die Kommunikation einbinden. Spürst du im Zusammenhang des Strukturwandels der Gesellschaft eine Veränderung eurer Zielgruppe – oder sind Unternehmen im Luxussegment nicht davon betroffen?Doch: Der gesamte Luxusmarkt befindet sich im Wandel. Das ist noch nicht so stark zu sehen, aber die Veränderungen werden wir bald spüren. Das Luxussegment wird sich wandeln. Selbstverwirklichung ist beispielsweise ein großer Trend, dem Luxusmarken zunehmend bedienen werden. Darüber freuen wir uns, weil wir mit unserem Customizing schon Teil des Trends sind.Was wäre dein Wunschkunde? Für wen würdest du gerne die Luxusuhr zum BLAKEN-Unikat verwandeln? Eine Traumhafte Frage, die nur von dir kommen kann, Ulvi. Da gibt es mehrere Personen, aber jetzt gerade fällt mir vor allem der Luxemburger Uhrmacher und Unternehmer Jean-Claude Biver ein. Ein Mann, den ich sehr schätze und sehr respektiere in seiner Philosophie. 
*
Minuten

!AYCON Experten-Talk - Interview mit Alexander Klingbeil

Luxusuhren-Customizing: „Wir sind ein Atelier der Emotionen“

Auf einem Symposium habe ich Alexander Klingbeil, Geschäftsführer von BLAKEN, kennengelernt. BLAKEN personalisiert Rolex- und andere Luxusuhren für betuchte Endkunden. Ein Gespräch über die Uhren- und Schmuckindustrie, den Trend der Individualisierung – und die (Un-)Messbarkeit von emotionalem Wert.

Alexander, bitte stell dich und deine Firma kurz vor.

Ich bin Alexander Klingbeil, 43 Jahre alt, studierter Jurist und Uhrenliebhaber. Ich war eine Zeit lang in der Startup-Szene unterwegs und bin dann in die Werbebranche gewechselt. Hier kam ich auch das erste Mal mit Uhrenherstellern in Kontakt. Zu BLAKEN bin ich Mitte 2017 gekommen. BLAKEN war Kunde der Werbeagentur, für die ich damals arbeitete. Im Urlaub wurde ich von einer anderen Werbekundin auf eine von BLAKEN behandelte Uhr angesprochen – und gefragt, ob ich weiß, wo sie so eine Uhr herbekommen kann.

Ich rief den Gründer und damaligen Geschäftsführer von BLAKEN, Hendrik Jürgens, an, kaufte das Wunschmodell für die Kundin – und verkaufte es ihr. Ein schnelles Geschäft, das mich aufhorchen ließ. Noch während des Urlaubs verkaufte ich, quasi vom Liegestuhl aus, 10 weitere von BLAKEN transformierte Uhren. Nach einem Gespräch mit Hendrik Jürgens beschlossen wir dann, dass ich als freier Mitarbeiter die Distribution von BLAKEN weiterentwickle. Da sich Hendrik ohnehin aus dem Geschäft zurückziehen wollte, bot er mir und einem weiteren Kollegen an, Anteile der Firma zu erwerben und BLAKEN als Geschäftsführer zu begleiten. Anfang 2018 habe ich diese Chance ergriffen und baue seitdem das internationale Geschäft weiter auf.

Alexander Klingbeil
Was genau macht BLAKEN?

Früher haben wir Uhren aufgekauft, nach eigenen Design-Ideen geschwärzt und verändert – und dann wieder verkauft. Das Wort „Blaken“ steht im Niederdeutschen für Rußen oder Schwärzen – es kommt also von dem Gedanken, etwas zu schwärzen und ist somit inhaltsgebend für die Firma. Wir behandeln Luxusuhren mit einem speziellen Beschichtungsverfahren und machen sie somit widerstandsfähiger.

Heute haben so viel Nachfragen, dass der Kunde immer entscheidet und mit einer eigenen Design-Vorstellung auf uns zukommt, die wir dann realisieren. Wir personalisieren Uhren also auf Kundenwunsch: eingefärbte oder gestaltete Ziffernblätter, Zeiger, Gravuren, etc. Oftmals bringt der Kunde seine Uhr schon mit – oder aber wir kaufen die Uhr dann für ihn ein und individualisieren sie anschließend.

Wie kommt man auf so eine Idee?

Fast alles im Leben von Menschen einer hohen Einkommensklasse ist customized. Im Jahr 2010 hat Hendrik Jürgens für einen Kunden aus Miami gearbeitet, der viele Events organisiert hat. Und die dort eingeladenen wohlhabenden Gäste hatten alles auf sich zugeschnitten: das Polohemd mit den eignen Initialen, individualisierte Schuhe, Lackfarbe und Innenausstattung der Autos, Humidore usw.

Nur ein Accessoire war bei den Leuten nicht individualisiert: Die Uhren. Alle trugen zwar Luxusuhren, viele auch limitierte Auflagen – doch keine war ein Unikat. Es gibt eine bestimmte Klientel an Menschen, die das nicht wollen und die sehr empfänglich für einzigartige Uhren haben. Und daher kam dann die Geschäftsidee, Luxusuhren zu individualisieren.

Ihr stell also keine Uhren selbst her?

Nein, wir sind keine Uhrenhersteller. Wir können und wollen das auch nicht sein. Die Uhrmacherkunst überlassen wir den Herstellern, die wahre Meister in ihrem Fach sind: Rolex, Hublot, Panerai, Blancpain, Omega, A. Lange & Söhne, Patek Phillipe, Jaeger LeCoultre und wie sie alle heißen.

Wir werden niemals besser sein als diese Hersteller. Wir personalisieren ihre Produkte, die schon in Perfektion aus der Manufaktur kommen. Wir integrieren also die persönliche Emotion des Kunden in das Produkt. Das ist eine Form der Transformation. Wir sind also ein Add-on-Service-Unternehmen für Endkunden – keine Hersteller.

Wie läuft der Beschichtungsprozess ab, der Uhr schwarz werden lässt?

Es handelt sich dabei um das sogenannte DLC Coating, das ist eine von uns patentierte Oberflächenverhärtung, die ursprünglich aus der Raumfahrt und Medizintechnik kommt. DLC steht für „Diamond Like Carbon“. Wir zerlegen die Uhr (bis auf das Uhrwerk) in seine Einzelteile und beschichten sie dann mit diamantähnlichen Kohlenstoffen. Das Ergebnis ist eine schmuckgleiche, perfekte Oberfläche, deren Glanz und Härte beim gegenwärtigen Stand von Wissenschaft und Technik kaum zu übertreffen sind.

Die Uhr wird dadurch noch härter und auch für Allergiker tragfähig, weil das Endmaterial keine allergieauslösenden Metalle enthält, bzw. als Schutzschicht für solche Metalle dient. Darüber hinaus entfernen wir auch Kratzer auf der Uhr.

Verlieren die Uhren nach so einer Behandlung nicht ihre Garantie?

Ja, in jedem Fall. Wenn BLAKEN eine Uhr transformiert, egal welche, verliert sie die Herstellergarantie. Darum übernehmen wir die Garantie und die Haftung für das Produkt. Das ist in so einem Segment auch angebracht. Wir geben, je nach alter der Uhr, 2 bis 5 Jahre Garantie. Bei neuen Uhren 5, bei älteren Uhren 3 oder 2 Jahre – und zwar auf alles, selbst auf das Uhrwerk, das wir gar nicht anfassen, da wir nur optisch verändern und nicht technisch.

Gefällt den Uhrenherstellern das, was ihr da macht? Wie ist die Beziehung zu denen?

Die Beziehung ist unterschiedlich. Das ist vergleichbar mit dem Tuning in der Autoindustrie Anfang der 1980er-Jahre. Jeder Hersteller wird sich fragen, warum so ein schönes Produkt jetzt noch zusätzlich verändert werden muss. Das ist deren gutes Recht und wir respektieren das auch. Darum betonen wir immer klar: Wir machen nichts besser als die Hersteller, darum geht es auch nicht. Wir bauen lediglich die Emotion des Kunden in das Produkt ein – und machen die Uhren somit zum Unikat.

Gleichzeitig sind wir der Meinung, dass der Respekt nicht allein gegenüber den Uhrenherstellern geboten ist – wir sollten als Uhren-Industrie auch den Kundenwünschen Respekt zollen. Kunden wollen individualisierte Produkte. Das ist ein Mega-Trend in unzähligen Märkten. Warum sollte sich die Uhrenindustrie diesem Trend verschließen? Das ist eine einmalige Gelegenheit für uns, neue Zielgruppen zu erschließen und auch jüngere Kundengruppe zu erreichen! Und: Am Ende entsteht jede BLAKEN-Uhr auf Basis einer bereits gekauften Uhr. Wir nehmen den Herstellern also nichts weg.

Lässt sich eure Zielgruppe klar definieren?

Das ist gar nicht so leicht. BLAKEN bedeutet für viele Understatement. Aber wir haben auch Kunden, die laut und extravagant unterwegs sind. Was vielleicht für die meisten zutrifft: sie haben eine sehr spezielle Historie und eine sehr eigene Wahrnehmung. Sie haben besondere Erfahrungen gemacht – und dafür such sie eine Ausdrucksform. Beispielsweise die Autofarbe, die analog auf dem Ziffernblatt zu finden ist. 75 Prozent unserer Kunden sind männlich, wobei die Anzahl der Kundinnen steigt, die das Thema für sich entdecken. Wir werden zunehmend als Fashion wahrgenommen, da wir Farbe ins Spiel bringen. Kunden kommen auch öfters wieder, mit neuen Farbwünschen. Unser Personalisierungsservice ist also keinesfalls eine einmalige Angelegenheit, sondern begleitet Kunden je nach Lebenseinstellung und Vorlieben über mehrere Jahre (und mehrere Uhren) hinweg.

Inwieweit steigert sich der Wert einer Rolex nach einer BLAKEN-Behandlung?

Das ist schwer zu sagen. Wir wollen auch gar nicht von monetärem Wert sprechen. Was sich bei uns sicherlich steigert, ist der persönliche emotionale Wert. Und der ist schwer messbar. Eine BLAKEN-Behandlung ist auch kein Investment. Das unterscheidet unsere Kundengruppe von den Käufern einer „normalen“ Luxusuhr. Bei vielen Herstellern sind Uhren zum Investment-Gut geworden. Das möchten wir nicht. Wir wollen nicht, dass unsere Kunden in unserem Service ein Investment sehen – und das tun sie in der Regel auch nicht, weil ihnen der monetäre Wert der Uhr egal ist.

Es geht um eine persönliche Liebe zu etwas, um eine Geschichte: Sei es ein bestimmtes Thema, ein Datum, eine Farbe, ein Initial. Solche individuellen Geschichten lassen sich nicht in Geld messen. Unseren Kunden geht es nicht darum, ihre BLAKEN-Uhr wieder zu verkaufen. Nein: Sie wird individualisiert, weil sie bleiben soll. Sie wird zum Talisman, zum Symbol einer Geschichte und einer Emotion.

Sehr schön gesagt! Ich sage auch immer: Der materielle Wert eines guten Produktes macht 10 Prozent aus, der emotionale Wert aber 90. Die nicht-physischen Eigenschaften werden bei einer BLAKEN also nochmal gesteigert, weil eine Geschichte darin steckt.

Ja genau, und darum muss es auch gehen. Wir behandeln hunderte Uhren im Jahr. Auf Wiederverkaufsportalen ist fast keine BLAKEN-Uhr zu finden. Die Menschen verkaufen diese Uhren nicht mehr, weil sie ihnen etwas bedeuten.  Wir, als Uhren- und Schmuckindustrie, haben die Wahl: Wir können unseren Kunden ein vorgefertigtes Menü anbieten und einen Preis nennen. Aber wir können auch dem Kunden das Zepter überlassen – und dafür steht BLAKEN. Die Uhren-Industrie hat sich in den letzten zwei Dekaden sehr zu einem Investmentmarkt entwickelt. In meinen Augen sollten wir wieder lernen, Emotionen zu verkaufen. Customizing ist ein Weg dabei.

Es gibt Marken mit großem nicht-materiellen Wert, wie das iPhone oder das Mineralwasser Apollinaris. Solche Produkte haben eine gute emotionale Geschichte, die um das physische Produkt herumerzählt ist. Oder das Magnum-Eis, das keine Süßigkeit, sondern schon fast ein erotisierendes Produkt ist. Die Amerikaner sagen dazu: „Romance the Product“, also romantisiere das Produkt – mit einer guten Geschichte.

Ja. Doch bei BLAKEN kommt die Geschichte eben vom Kunden selbst. Wir romantisieren nicht das Produkt. Das macht der Kunde. Wir sind vielmehr der verlängerte Arm der Kunden, die deren Träume und Fantasien realisieren. Wir sind nichts anderes als ein Atelier der Emotionen. Die Apple Smart Wacht steht für mich nicht für ein Luxusgut, sondern für Funktion und Lifestyle. BLAKEN dagegen ist die personalisierte Emotion eines Luxusguts.

Das erinnert mich ein bisschen an den Porzellanhersteller Philip Rosenthal, der mal die Rosenthal Studiohäuser entwickelt hat und eine Rosenthal-Designphilosophie definierte. Er sagte, so wie es Buch-Verlage gibt, die Schriftsteller in Büchern verlegen, ist Rosenthal ein Verleger von Künstlern auf Porzellan.

Sehr schön. So kann man das beschreiben. Bei unseren Kunden sind die Geschichten hochgradig individuell. Das sehen wir auch an den Reaktionen unserer Kunden, wenn sie ihre personalisierten Uhren entgegennehmen. Es ist egal, ob es hochwertiges Porzellan oder eine hochwertige Uhr ist, der Verleger oder das Atelier bietet die Plattform. Bei uns ist der Künstler der Kunde.

Wobei wir im Zuge unserer globaleren Ausrichtung auch eigene Designs anbieten, um Kunden zu inspirieren. Beispielsweise planen wir gerade eine Kollaboration mit Künstlern: Musikern, Malern, Designern, etc. Da freuen wir uns schon drauf.

Ich habe mir auch eine Rolex von euch transformieren lassen. Wobei ich das ursprünglich gar nicht wollte…

Aber Ulvi, natürlich wolltest du eine! Wer drückt sich denn mehr aus im Personal Branding als du? Du hast das gelb in deiner Branche für dich besetzt, das repräsentierst du. Und mit der Uhr drückst du das eben auch aus.

Zahlen, Daten, Fakten: Wie groß ist das Unternehmen Blaken? Wie sieht der Markt aus?

BLAKEN hat die Jahre vor Corona ein deutliches Wachstum von weit über 50 Prozent jährlich gehabt. Wir wollen aber auch exklusiv bleiben und nicht mehr als 1000 Uhren pro Jahr bearbeiten. Wir wollen immer qualitativ wachsen – nicht quantitativ. Qualität entsteht durch Liebe.

Zum Markt: Es gibt Marktteilnehmer, die aber mehr Hersteller sind als Serviceanbieter. Direkte Mitbewerber haben wir fünf, die sich aber alle unterscheiden, alle gute Qualität liefern und von uns auch respektiert werden. Wir selbst sind auch schon lange im Geschäft und haben unseren eigenen Ansatz und unsere eigene Vision.

Wie ist eure Markenkommunikation ausgerichtet?

Unser Auftritt ist derzeit still. In Sammlerkreisen sind wir schon lange bekannt – hier ist die Qualität das beste Marketing. In Zukunft möchten wir aber etwas lauter werden und aktiver kommunizieren, um Individualisierung bekannter zu machen. Es gibt viele potenzielle Kunden, die das Thema noch nicht auf dem Schirm haben. Auch wollen wir unsere Kunden als Marken-Botschafter in die Kommunikation einbinden.

Spürst du im Zusammenhang des Strukturwandels der Gesellschaft eine Veränderung eurer Zielgruppe – oder sind Unternehmen im Luxussegment nicht davon betroffen?

Doch: Der gesamte Luxusmarkt befindet sich im Wandel. Das ist noch nicht so stark zu sehen, aber die Veränderungen werden wir bald spüren. Das Luxussegment wird sich wandeln.

Selbstverwirklichung ist beispielsweise ein großer Trend, dem Luxusmarken zunehmend bedienen werden. Darüber freuen wir uns, weil wir mit unserem Customizing schon Teil des Trends sind.

Was wäre dein Wunschkunde? Für wen würdest du gerne die Luxusuhr zum BLAKEN-Unikat verwandeln?

Eine Traumhafte Frage, die nur von dir kommen kann, Ulvi. Da gibt es mehrere Personen, aber jetzt gerade fällt mir vor allem der Luxemburger Uhrmacher und Unternehmer Jean-Claude Biver ein. Ein Mann, den ich sehr schätze und sehr respektiere in seiner Philosophie.

About Ulvi I. AYDIN